Impuls zum Thema "Freundschaft mit mir" von Fernand Braun
"Ich bin vollkommen ehrlich zu mir selbst, und erlaube mir zu fühlen, was ich fühle, von Moment zu Moment, absolut sicher, dass nichts verändert werden muss, nicht einmal die belangloseste Empfindung. Ich bin verzaubert von Soheit."
(Rani Kaluza)
Meditation oder „Freundschaft schließen mit sich selbst“ im Sinne einer Haltung mitfühlender Achtsamkeit und radikaler Akzeptanz bedeutet im Grunde zu erkennen, dass ich bei jeder Gelegenheit zu jeder Zeit am richtigen Ort bin und was auch immer geschieht, geschehen darf – mit der absoluten Sicherheit, dass ich nichts verändern muss. Denn Veränderung ist das, was zu jeder Zeit geschieht und ich darf mich ihr anvertrauen! Es ist diese ständig stattfindende Veränderung, die mich wandelt. Denn wirkliche Veränderung kann durch kein irgendein geartetes Ich bewirkt werden; das Ich kann das Ich nicht zwingen, sich zu verändern, es wäre wie ein Akt der Selbstverletzung!
Ich nenne es „Vertrauen“. Es ist nicht das Vertrauen auf etwas Bestimmtes, dass sich zum Beispiel meine Erwartungen erfüllen oder sich Befürchtungen nicht bewahrheiten mögen, sondern was auch immer geschieht, es darf geschehen. Das Vertrauen ist diese Haltung von Offenheit und Hingabe auf diesen Augenblick hin und was auch immer geschieht – was wir durchaus Leben nennen dürfen – mich in diesem offenen Raum erreichen kann und ich es dankbar annehmen kann.
Diese radikale Akzeptanz nenne ich auch „Mitgefühl“. Unter Mitgefühl haben wir oft die Vorstellung von Weichherzigkeit, Sanftheit oder Nachsicht. Ein wesentlicher Aspekt von Mitgefühl ist „Ehrlichkeit“, vor allem Ehrlichkeit sich selbst gegenüber! Es bedeutet nicht auszuweichen, meinen Gedanken und Emotionen mit „vorbehaltloser Freundlichkeit“ zu begegnen, ohne strenge Beurteilungen. Es kann geschehen, dass ich, je mehr ich sitze, beginne mich abzulehnen oder gar zu hassen, weil so viel Unerwartetes und Unangenehmes auftaucht. Genau bis zu diesem Punkt muss es gehen. Erlaube es dir zu fühlen mit der Gewissheit: Es ist „richtig“! Denn Schutz ist immer der Impuls, etwas nicht fühlen zu wollen oder nicht geschehen zu lassen. Erst wenn ich beginne, meine Gedanken und Emotionen zu durchschauen, verlieren sie ihre Bedrohlichkeit und die Angst kann sich auflösen. Denn es sind nicht die Dinge an sich, die mich ängstigen, sondern es sind lediglich meine Meinungen über die Dinge!
Es gilt Frieden zu schließen – Freundschaft zu schließen mit sich selbst und dem Leben!
Beginne, wo du bist! Erkenne an, was gerade in deinem Bewusstsein auftaucht! Fange an auf deinen Atem zu achten, wie er ein- und ausströmt. In diesem einen Schritt, den du tust, liegt der ganze Weg – Aufbruch und Ankunft, immer wieder neu.
In ähnlicher Weise drückte es Alfred Delp aus, der kurz vor seiner Hinrichtung aus seiner Zelle im Gefängnis Berlin-Tegel folgende Worte schrieb:
"Das eine ist mir so klar und spürbar wie selten: Die Welt ist Gottes so voll. Aus allen Poren der Dinge quillt er gleichsam uns entgegen. Wir aber sind oft blind. Wir bleiben in den schönen und bösen Stunden hängen und erleben sie nicht durch bis an den Brunnenpunkt, an dem sie aus Gott herausströmen. Das gilt für alles Schöne und auch für das Elend. In allem will Gott Begegnung feiern und fragt und will die anbetende, hingebende Antwort. Dann wird das Leben frei in der Freiheit, die wir immer gesucht haben."<