• Startseite
  • Meditation und Musik
  • About
    • Wertschätzer werden!

Was ist wichtig?

  • Blog

"Was ist wirklich wichtig?"
von Fernand Braun

Mitglied der spirituellen Leitung und Kontemplationslehrer der Linie "Wolke des Nichtwissens"

"Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart,
der bedeutendste Mensch immer der,
der dir gerade gegenübersteht,
und das notwendigste Werk immer die Liebe."
(Meister Eckhart)

Was ist wichtig?

Als Johannes XXIII zum Papst gewählt wurde, war er so erschrocken ob dieser gewaltigen Aufgabe, dass er lange Zeit nicht schlafen konnte. Irgendwann ist er dann doch kurz eingenickt. Im Traum erschien ihm ein Engel, dem er seine Not klagte. Da sagte der Engel: „Giovanni, nimm dich nicht so wichtig“! Seitdem konnte er wieder gut schlafen!

Wer von uns kennt sie nicht, diese schlaflosen Nächte, aufgrund schwieriger Lebenssituationen, wo uns Zweifel befallen können, ob wir wohl den Herausforderungen gewachsen sind. Quälende Gedanken geben keine Ruhe. Fragen, was die Zukunft uns oder unseren Liebsten wohl bringen wird, halten uns wach. Fragen, die uns oder unser Leben infrage stellen, können schwer auf uns lasten, weil sie uns existentiell wichtig.

Nun gibt es auch alltägliche Situationen, da müssen wir nicht so weit in die Zukunft schauen. Sie wiegen nicht so schwer und doch können sie uns in aller Regelmäßigkeit an den Rand der Verzweiflung bringen und uns bis in die Nacht verfolgen.

Zum Beispiel stehe ich eine gefühlte Ewigkeit in der Warteschlange eines kleinen Ladens, weil jemand für seine Liebsten einen Großeinkauf gemacht hat und nun jedes Einzelteil als Geschenk eingepackt haben möchte.
Ein Raser auf der Autobahn drängelt von hinten oder ein LKW bremst mich gnadenlos aus.Ich fühle mich geschnitten oder ausgebremst: auf der Straße, im Laden, zuhause, wo auch immer!

„Ich bin nicht wichtig!“ kann sich mit der Zeit zu einem Grundgefühl auswachsen. Damit drohe ich in den Emotionen und Gefühlen geradezu „einzufrieren“. Das „Gewicht“ des Ich – egal ob als zu leicht oder zu schwer empfunden – kann in der Tat schlaflose Nächte bescheren.

Der eingangs erwähnte Spruch von Meister Eckhart weist einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma:

Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart,
der bedeutendste Mensch immer der, der dir gerade gegenübersteht,
und das notwendigste Werk immer die Liebe.

Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart,

Dieser Augenblick ist das Leben, und er steht uns immer zur Verfügung. Von unserem Empfinden her aber ist der Augenblick oft zu wenig oder nicht das Richtige. Das Leben pulsiert immer wo anders. Es beschleicht uns das Gefühl, das Leben zu verpassen. Auf der Suche nach Mehr und Anderem verabschieden wir uns. Wir sind nicht da! Die kontemplative Praxis heißt in diesem Sinne nichts anderes: Den suchenden, umherirrenden Geist wieder zurückzubringen ins Hier und Jetzt und lernen, es mit mir auszuhalten und dazubleiben. Kontemplation heißt: Ankommen im Jetzt!

… der bedeutendste Mensch immer der, der dir gerade gegenübersteht,

Was ist gemeint: der bedeutendste Mensch mir gegenüber? Ist es jener, der in diesem Augenblick mir direkt gegenübersteht? Oder jener, den ich durch meine Aufmerksamkeit eine Bedeutung gebe und der dadurch mein Gegenüber wird? Ich kann meine Aufmerksamkeit nach außen wie auch nach innen lenken. Lenke ich – wie in der spirituellen Praxis üblich – den Blick nach innen, werde ich mir selbst zum Gegenüber und bin somit mir selbst der Bedeutsamste. Den, den ich anschaue, wird mir zum Nächsten und damit der Wichtigste.

In diesem Sinne könnte man sagen: Nichts und niemand ist wichtig! Oder: Alles und jeder ist wichtig! Denn die Dinge oder die Menschen sind nicht per se wichtig. Sie werden wichtig, weil ich sie wichtig nehme und ihnen eine Bedeutung gebe. Das gilt nicht nur für das Gegenwärtige.  Ich kann meinen „Blick“ in die Vergangenheit – als Erinnerung – oder in die Zukunft – als Erwartung – richten. Ich vergegenwärtige sie, die Dinge bzw. die Menschen werden gegenwärtig. Ich „bringe“ sie in die Gegenwart, und gleichzeitig auch mich. Somit bestätigt sich: Die Gegenwart ist die wichtigste Zeit. Der wichtigste Mensch, ist der Mensch mir „gegenüber“.

… und das notwendigste Werk immer die Liebe.

„Alles Leben ist Begegnung!“ schreibt Martin Buber. Wirkliche Begegnung ist nur möglich, wenn ich den anderen ohne irgendeine Erwartung oder Befürchtung gegenübertrete. Wie schwer das sein kann, wissen wir alle. Wie viele Erwartungen, die uns oft nicht bewusst sind, haben wir uns selbst oder unseren Kindern auf die Schultern gelegt, an denen sie manchmal schwer zu tragen haben. Oder was befürchten wir nicht alles von Menschen – Flüchtlinge, Ausländer – denen wir noch nie begegnet sind. Oder von jenen, denen wir fast täglich begegnen: Nachbarn, Freunden oder selbst Geschwistern. In irgendeiner Weise fühlen wir uns von ihnen bedroht und halten sie auf Distanz. Nehmen wir sie zu wichtig, oder sind sie uns nicht wichtig genug? Sind wir uns selbst zu wichtig oder nicht wichtig genug?

Nach der Schreibweise von Martin Buber: Wir „vergegnen“ uns und halten damit das Leben von uns fern.Die Liebe ist es, die die (selbstgewählte) Distanz zwischen uns überbrücken kann.

Die Liebe ist der „Ort zwischen richtig und falsch“; dort können wir uns begegnen! (Rumi). Nicht jene Liebe ist gemeint, die wir empfinden für jene, die uns nahe oder für Dinge, die uns wichtig sind. Es ist nicht die Liebe, die wir haben. Liebe ist jenes „Kraftfeld“, das der Beziehung vorausgeht. Es ist die Liebe, die wir „wesentlich“ sind.

Meister Eckhart meint: „Die Menschen sollen nicht zu sehr darüber nachdenken, was sie tun sollen, sie sollen vielmehr bedenken, was sie sind!“ Aus der Perspektive der Liebe betrachtet sind alle Menschen wie alle Dinge bedeutsam und damit wichtig. Dies gilt es zu erkennen! Haben wir es erkannt, dann werden unser Denken, Reden und Tun erfüllt sein von Liebe und Mitgefühl. Mehr noch: Wir sind eins in der Liebe! – meint Johannes in der hl. Schrift.

www.benediktushof-holzkirchen.de

02/20/2022

Post navigation

Friedensmeditation – Zur aktuellen Lage → ← Rumi Says – Fish And Scale
„Der Sinn des Lebens ist einfach nur zu leben. Es ist so klar, so offensichtlich und so einfach. Und dennoch eilt jeder in großer Panik umher, als ob es notwendig wäre, über sich selbst hinauszuwachsen.“
Alan Watts

Kategorien

  • Blog
  • Filme
  • Meditation und Musik
  • Orte und Reisen
  • Texte

Archiv

  • März 2023
  • Februar 2023
  • Januar 2023
  • Dezember 2022
  • November 2022
  • Oktober 2022
  • September 2022
  • August 2022
  • Juli 2022
  • Juni 2022
  • Mai 2022
  • April 2022
  • März 2022
  • Februar 2022
  • Januar 2022
  • Dezember 2021
  • November 2021
  • Oktober 2021
  • September 2021
  • August 2021
  • Juli 2021
  • Juni 2021
  • Mai 2021
  • April 2021
  • März 2021
  • Februar 2021
  • Januar 2021
  • Dezember 2020
  • November 2020
  • Oktober 2020
  • September 2020
  • August 2020
  • Juli 2020
  • Juni 2020
  • Mai 2020
  • April 2020
  • März 2020
  • Februar 2020
  • Januar 2020
  • Dezember 2019
  • November 2019
  • Oktober 2019
  • September 2019
  • August 2019
  • Juli 2019
  • Juni 2019
  • Mai 2019
  • April 2019
  • März 2019
  • Februar 2019
  • Januar 2019
  • Dezember 2018
  • November 2018
  • Oktober 2018
  • September 2018
  • August 2018
  • Juli 2018
  • Juni 2018
  • Mai 2018
  • April 2018
  • März 2018
  • Februar 2018
  • Januar 2018
  • Dezember 2017
  • November 2017
  • Oktober 2017
  • Beitrags-Feed (RSS)
  • Impressum
  • Fish And Scale
  • Mein LichtAnfang
  • Wertschätzer werden!
Powered by WordPress | theme Layout Builder